Auf Seite i. S. vorkonstitutionelles Recht ist nachgewiesen, dass dieses Recht von der gesamten rechtsprechenden Gewalt nicht auf Vereinbarkeit mit dem Grundgesetz zwingend zu prüfen ist: das Bundesverfassungsgericht ist nicht zuständig, und ob ein Richter vorkonstitutionelles Recht auf Vereinbarkeit mit dem Grundgesetz prüft, ist ihm überlassen. Findet eine solche Prüfung statt, ist das Ergebnis für andere Richter nicht bindend. Also verweigern alle zusammen die gebotene Prüfung gemäß Artikel 123 GG.
Auf Seite i. S. nachkonstitutionelles Recht ist nachgewiesen, dass das gesamte nach 23.05.1949 installierte Bundesrecht durch Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts jeglicher Kontrolle auf Vereinbarkeit mit dem Grundgesetz entzogen ist, weil der Gesetzgeber keine öffentliche Gewalt ist - so die Begründung. Man fragt sich zu Recht, was ist er dann?
Also können wir Bürger uns gegen keine Norm, durch die wir in unseren im Grundgesetz verankerten Rechten verletzt werden, wirksam zur Wehr setzen, weil das uns verletzende Recht jeglicher Kontrolle auf Vereinbarkeit mit dem Grundgesetz entzogen ist.
Als dritter Punkt kommt nun der Status der rechtsprechenden Gewalt hinzu, der bewirkt, dass wir Bürger keine Chance haben, uns zugefügte Verletzungen an unseren Rechten wirksam monieren zu können. Wirksam im Sinne von: die Verletzungen werden durch die Aufhebung der grundgesetzwidrigen Norm geheilt.
Dass wir Bürger real keine Chance haben, uns gegen grundgesetzwidriges Recht oder ungesetzliche Richter und willkürliche Entscheidungen von Richtern zur Wehr zu setzen, das wird nun erläutert. Bedeutsam dabei ist auch hier wieder eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, in der festgestellt wird, dass auch die rechtsprechende Gewalt keine öffentliche Gewalt ist.
Artikel 19 Abs. 4 GG.
In Artikel 93 Abs. 1 Nr. 4a GG ist durch die Grundgesetzänderung vom 29.01.1969 die Verfassungsbeschwerde zum Bundesverfassungsgericht verankert (zuvor war es nur einfachgesetzliches Recht per § 90 Abs. 1 BVerfGG) bestimmt:
Artikel 93 GG
(1) Das Bundesverfassungsgericht entscheidet:
4 über Verfassungsbeschwerden, die von jedermann mit der Behauptung erhoben werden können, durch die öffentliche Gewalt in einem seiner Grundrechte oder in einem seiner in Artikel 20 Abs. 4, 33, 38, 101, 103 und 104 enthaltenen Rechte verletzt zu sein;
Der Gesetzgeber wurde von den Bundesverfassungsrichtern als öffentliche Gewalt ausgeschieden. Damit kann niemand mehr im Sinne der Artikel 19 Abs. 4 und 93 Abs. 1 Nr. 4a GG durch den Gesetzgeber in seinen Grundrechten usw. enthaltenen Rechten verletzt werden.
Irgendwann einmal wurde vom 1. Senat des Bundesverfassungsgerichts der Begriff öffentliche Gewalt im Sinne Art. 19 Abs. 4 GG so ausgelegt, dass auch die rechtsprechende Gewalt keine öffentliche Gewalt ist. Diese Auslegung in BVerfGE 2 BvR 21/60 - Rn 15 - vom 05.02.1963 wurde im Zuge der Entscheidung BVerfGE 1 PBvU 1/02 vom 30.04.2003 vom Plenum - beiden Senaten des Bundesverfassungsgerichts zusammen - bestätigt. In den Randnummer 21 bis 23:
"3. Im rechtsstaatlichen Kerngehalt unterscheiden sich der allgemeine Justizgewährungsanspruch und als dessen Spezialregelung die Rechtsweggarantie des Art. 19 Abs. 4 GG nicht. Unterschiede bestehen hinsichtlich der Anwendungsbereiche.
a) Art. 19 Abs. 4 GG wird in der Rechtsprechung und einem Teil der Literatur dahingehend verstanden, dass der dort benutzte Begriff der öffentlichen Gewalt einengend auszulegen und nur auf die vollziehende Gewalt anzuwenden sei. Dies wird regelmäßig in die Formel gefasst, das Grundgesetz gewährleiste Rechtsschutz durch den Richter, nicht aber gegen den Richter (vgl. BVerfGE 15, 275 <280>; 49, 329 <340>; 65, 76 <90> sowie ... ). Der zweite Teil dieser Formel wird allerdings zunehmend kritisiert (siehe dazu etwa Voßkuhle, Rechtsschutz gegen den Richter, 1993, S. 158 ff., 176 ff.; Huber, in: ... ). Zur Begründung der Kritik wird unter anderem ausgeführt, dass der Begriff der öffentlichen Gewalt weit sei und die Rechtsprechung mitumfasse. Weder die Entstehungsgeschichte noch Sinn und Zweck des Art. 19 Abs. 4 GG rechtfertigten eine einengende Auslegung unter Begrenzung auf den Rechtsschutz gegen die vollziehende Gewalt.
Also kann jedermann durch die rechtsprechende Gewalt in seinen Verfassungsrechten verletzt werden, aber: weil die rechtsprechende Gewalt keine öffentliche Gewalt ist, kann sich niemand gegen diese Verletzungen nach Abschluss des Rechtsweges per Verfassungsbeschwerde wirksam zur Wehr setzen. Nur auf dem Rechtsweg selber, sowiet dieser eröffnet ist, kann der in seinen Rechten verletzte Bürger versuchen, sich gegen diese Verletzungen zur Wehr zu setzen.
Beispiel: Ein Bürger wird in einem Zivilverfahren an einem Amtsgericht durch den Richter in seinen Rechten verletzt. Ist der Streitwert so gegeben, dass es gegen die Entscheidung keinen Rechtsweg gibt, so bleibt der Bürger mit seinen verletzten Rechten sich überlassen. Gibt es eine 2. Instanz, dann kann der Bürger versuchen, die Verletzungen zu monieren. Regelmäßig ist solches Ansinnen aussichtslos, weil Richter der Meinung sind, dass Richterkollegen keinen Rechtsverletzungen begehen.
Da Richter keine öffentliche Gewalt sind, bleiben also Verletzungen,die von Richtern im Verfahren bewirkt werden, ungeahndet. Die Krönung ist gemäß der vor zitierten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, dass eine Verfassungsbeschwerde unzulässig ist, da die rechtsprechende Gewalt als nicht nicht-öffentliche Gewalt festgestellt worden ist - von den Bundesverfassungsrichtern.
Rechtsprechende Gewalt ist keine öffentliche Gewalt.
Was bleibt ist die Feststellung, dass nur die vollziehende Gewalt öffentliche Gewalt ist. Folglich greift bei Verletzungen der Rechte der Bürger durch die vereinigte Richterschaft weder Art. 93 Abs. 1 Nr. 4a GG noch § 90 Abs. 1 BVerfGG.
Auch hier ist zu beachten, dass die von den Bundesverfassungsrichtern vorgenommene Auslegung, was ist öffentliche Gewalt, in Sachen der rechtsprechenden Gewalt bereits 1963 vorgenommen wurde. Erst am 19.01.1969 wurde die Verfassungsbeschwerde als Nr. 4a in Art. 93 Abs. 1 GG aufgenommen - da war das Recht auf Erhebung der Verfassungsbeschwerde bereits verstümmelt: nur die vollziehende Gewalt war noch öffentliche Gewalt.